Der Deutsche Notarverein hat einen Schlichtungs- und Schiedsgerichtshof. Wer es bis jetzt nicht wusste und sich darüber informieren möchte, kauft sich am besten das brandneue Handbuch von Jan Hupka, erschienen 2017 im Deutschen Notarverlag.
Kurz und knackig führt Jan Hupka den Leser auf knapp 80 Seiten in die Schiedsordnung des Schlichtungs- und Schiedsgerichtshofs, das sogenannte SGH-Statut, ein und macht den Leser mit den wesentlichen Stationen des Verfahrens nach diesen besonderen Regeln vertraut. Das Buch ist kompakt und gut verständlich geschrieben und vermittelt jedem Praktiker auch die wesentlichen Grundzüge des Schiedsverfahrensrechts.
Besonders hervorzuheben ist der Abschnitt über die möglichen Vertragskonstellationen, in denen die SGH-Schiedsklausel Einsatz finden mag. So ist vor allem in Gesellschaftsverträgen damit zu rechnen, aber auch auf anderen Gebieten, zum Beispiel im WEG-Recht, im Familien-und im Erbrecht, auch wenn in diesen Bereichen erhebliche Wirksamkeitsherausforderungen zu beachten sind.
Ein interessantes Feature des SGH-Verfahrens ist die in einem eigenen Abschnitt der Schiedsordnung geregelte Schlichtungsphase, die dem kontradiktorischen Verfahren zwingend vorgeschaltet ist. Hier wird freilich abzuwarten sein, inwiefern echtes Schlichtungs-Know-how zum Einsatz kommt. Dies wäre gegenüber anderen institutionellen Regeln möglicherweise ein erheblicher Wettbewerbsvorteil. Jedenfalls bei rein inländischen Sachverhalten – wovon bei SGH-Fällen auszugehen ist, da sich das Statut nicht wirklich für den internationalen Rechtsverkehr anbietet – dürfte dies zu vermuten sein.
Das SGH-Verfahren ist außerdem insoweit modern, als es eine elektronische Webakte vorsieht, die es den Parteien, dem Schiedsgericht und dem SGH ermöglicht, schon ab Klageerhebung ausschließlich elektronisch miteinander zu kommunizieren.
Für Vertragsparteien außerdem interessant ist der Umstand, dass Notare sehr wahrscheinlich die von ihnen unterschriebenen Schiedssprüche am Ende eines Verfahrens, ob nun mit vereinbartem Wortlaut oder kontradiktorisch, selbst im Rahmen einer notariellen Urkunde für vollstreckbar erklären können (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO).
Für den deutschen Schiedsrechtler neu ist der Umstand, dass die Schiedsrichterverträge nicht zwischen den Mitgliedern des Schiedsgerichts und den Parteien zustande kommen, sondern zwischen der Institution, also dem SGH, und den Schiedsrichtern. Die Parteien schließen ihrerseits Verträge mit der Institution ab, die den wesentlichen administrativen Teil des Verfahrens sowie alles rund um die Kosten direkt mit den Parteien abwickelt. Einzig die Streitwertentscheidung, die das Schiedsgericht trifft, wirkt sich auf dieses Verhältnis aus.
Eine spannende Frage ist außerdem, ob Notare jedenfalls für bestimmte Einsatzgebiete die besseren oder geeigneteren Schiedsrichter sind. So mag es als sinnvoll erscheinen, dem Notar, der bei der notariellen Gründung einer Gesellschaft mit mehreren Gesellschaftern ohnehin eine moderierende Funktion übernimmt, diese Rolle auch zu einem späteren Zeitpunkt anzutragen.
All dies bleibt abzuwarten. Bislang ist die Anzahl der Verfahren beim SGH noch überschaubar. Für die allgemeine Schiedspraxis ist der Vorstoß des Deutschen Notarvereins mit seinem Schiedsgerichtshof und dem SGH-Statut und den darin enthaltenen Ansätzen jedenfalls ein wichtiger Impuls, der in einzelnen Bereichen zum „Neudenken“ einlädt.
All dies und noch mehr stößt Jan Hupka mit seinem Handbuch an. Es liest sich gut und schnell und passt in jede zivilrechtliche Anwaltsbibliothek. Die Anhänge im Handbuch, die wesentliche schiedsrechtliche Regelungen einschließlich des SGH-Statuts selbst enthalten, machen das Buch komplett und zu einem in sich geschlossenen Werk. Ich freue mich auf die nächste Auflage.