Zivilprozesse in Deutschland: Wesentliche Schritte und praktische Hinweise
Wie läuft ein Zivilprozess vor deutschen Gerichten ab? Dieser Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die wesentlichen Schritte eines Zivilverfahrens in Deutschland und bietet praktische Einblicke sowie hilfreiche Hinweise zum typischen Verfahrensgang.
Schritt 1: Klageeinreichung
Um einen Zivilprozess einzuleiten, muss eine Klage beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Die Klageschrift enthält insbesondere:
- Namen und Adressen der beteiligten Parteien
- Eine genaue Angabe des Streitgegenstands und der rechtlichen Grundlage des Anspruchs
- Einen konkreten Antrag
- Beweismittel (z.B. Zeugenaussagen, Dokumente, Gutachten)
Liegt der Streitwert über EUR 5.000,00, muss die Klage zwingend von einem Rechtsanwalt bzw. einer Rechtsanwältin eingereicht werden.
Praktischer Hinweis: Bevor eine Klage eingereicht wird, sollte der Beklagte schriftlich zur Zahlung oder Erfüllung aufgefordert und eine Frist gesetzt werden. Andernfalls könnte es passieren, dass der Beklagte die Forderung sofort anerkennt und der Kläger die Verfahrenskosten tragen muss.
Schritt 2: Verfahrensmanagement durch das Gericht
Sobald die Klage eingereicht ist, prüft das Gericht, ob die formalen Voraussetzungen erfüllt sind und ob die Gerichtsgebühren bezahlt wurden. Ist dies der Fall, wird die Klage dem Beklagten zugestellt und ihm eine Frist zur Erwiderung gesetzt.
Praktischer Hinweis: Anders als in Schiedsverfahren, bei denen oft zu Beginn ein Verfahrenskalender abgestimmt wird, arbeiten deutsche Gerichte ohne festen Zeitplan. Fristen werden in der Regel spontan festgelegt, je nachdem, wie der Fall fortschreitet.
Schritt 3: Die Klageerwiderung
Nach Übermittlung der Klageschrift kann der Beklagte anzeigen, dass er sich gegen die Klage verteidigen will und auf die Klage erwidern. Wie die Klage enthält die Klageerwiderung eine Darstellung der Tatsachen, sowie (in der Regel) rechtliche Argumente und Beweismittel.
Schritt 4: Güteverhandlung
Bevor das Gericht in die streitige Verhandlung übergeht, wird es oftmals versuchen, die Parteien zu Vergleichsgesprächen zu bewegen (Güteverhandlung). Die Güteverhandlung gibt dem Gericht die Gelegenheit, eine einvernehmliche Lösung vorzuschlagen. Dabei weist das Gericht regelmäßig auf die Stärken und Schwächen der jeweiligen Positionen hin und macht teilweise einen konkreten Vergleichsvorschlag.
Praktischer Hinweis: In vielen Fällen findet die Güteverhandlung direkt vor der mündlichen Verhandlung statt. Sollte kein Vergleich zustande kommen, wird unmittelbar zur Verhandlung übergegangen.
Schritt 5: Mündliche Verhandlung
Die mündliche Verhandlung spielt im Verfahrensverlauf eine zentrale Rolle. Hier präsentieren beide Seiten ihre Argumente und Beweise. Die Verhandlung folgt dabei folgenden Grundsätzen:
- Mündlichkeitsgrundsatz: Die Parteien und ihre Anwälte müssen ihre Argumente und Beweise mündlich vortragen, gestützt auf die zuvor eingereichten Schriftsätze.
- Unmittelbarkeitsgrundsatz: Das Gericht prüft die Beweise persönlich und unmittelbar.
- Verhandlungsgrundsatz: Jede Partei ist selbst dafür verantwortlich, ihre Beweise und Argumente vollständig vorzulegen. Das Gericht weist jedoch auf wesentliche Punkte hin, die möglicherweise übersehen wurden.
Nach einer kurzen Zusammenfassung des Falls durch das Gericht werden die Streitpunkte erörtert. Falls kein Vergleich erzielt wird, werden Beweise erhoben, zum Beispiel durch:
- Zeugenaussagen: Zeugen werden vom Gericht und den Anwälten befragt.
- Gutachten: Sachverständige geben ihre Einschätzung zu technischen oder fachlichen Fragen ab.
- Dokumente: Eingereichte Unterlagen werden geprüft.
Das Gericht entscheidet nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung, das bedeutet, dass es die Beweise nach bestem Wissen und Gewissen bewertet. Am Ende haben die Parteien die Möglichkeit, abschließende Stellungnahmen abzugeben.
Praktischer Hinweis: Eine virtuelle Verhandlung kann auf Antrag der Parteien durchgeführt werden, falls dies für alle Beteiligten sinnvoll ist. Verhandlungen in Deutschland sind häufig recht kurz und dauern oft weniger als drei Stunden. In einfachen Fällen kann eine Verhandlung sogar in nur 15 Minuten abgeschlossen werden.
Schritt 6: Das Urteil
Nach der Verhandlung fällt das Gericht ein Urteil, das die endgültige Entscheidung im Fall darstellt. Das Urteil enthält insbesondere:
- Namen und Adressen der Parteien und ihrer Anwälte
- Das Gericht, das das Urteil gefällt hat
- Das Datum und den Ort des Urteils
- Den Entscheidungssatz, der die Verpflichtungen der Parteien festlegt
- Eine Begründung, die die Tatsachen und rechtlichen Überlegungen erklärt
- Die Unterschrift des vorsitzenden Richters bzw. der vorsitzenden Richterin.
Schritt 7: Berufung einlegen
Wenn eine Partei mit dem Urteil nicht einverstanden ist, kann sie in der Regel Berufung einlegen. Dies muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils geschehen. Das Berufungsgericht prüft den Fall dann erneut und kann unter bestimmten Voraussetzungen neue Beweismittel zulassen. Am Ende kann das Urteil bestätigt, abgeändert oder aufgehoben werden.
Praktischer Hinweis: Berufungen haben nur in etwa 10-20 % der Fälle Erfolg. Es lohnt sich also, die Erfolgsaussichten genau zu prüfen, bevor eine Berufung eingelegt wird.
Fazit
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