Wagner-Arbitration

Will Ye Go Lassie Go

Nach knapp anderthalb Jahren als Rechtsanwalt bei WAGNER Arbitration stürzte ich mich in das Abenteuer LL.M. und begab mich auf meine Reise nach Edinburgh in Schottland, die spannend und abwechslungsreich war und leider etwas verfrüht zu Ende gehen sollte.

Wieso noch einen LL.M. und dann erst so spät?

Diese Frage habe ich mir in der Vorbereitung häufig gestellt. Die juristische Kür mit zwei Examina ist bereits ausreichend lang und mit meinem Einstieg in die Kanzlei 2018 hatte ich die Ziellinie ja eigentlich schon überschritten. Wieso also nochmal raus aus dem Anwaltsstrudel und rein in die Uni? Für mich gab es dafür zwei Gründe:

Zum einen hatte ich es versäumt, in der Schul- oder Studienzeit für einen längeren Zeitraum ins Ausland zu gehen und wollte diese Erfahrung nicht einfach liegen lassen.

Zum anderen, weil es als Anwalt im Arbitration-Bereich unverzichtbar ist, ein gewisses Maß an Internationalität mitzubringen.

Die Kanzlei hatte dieses Projekt von Beginn an unterstützt und gefördert. Bereits vor meinem Einstieg hatte ich Joseph und Philipp, der mich dazu auch schon während meiner Anwaltsstation ermutigt hatte, kommuniziert, dass ich gerne noch einen Master machen würde, die es aus denselben Gründen wie ich für gewinnbringend hielten, dies auch in die Tat umzusetzen.

Wohin sollte es also gehen? UK oder USA?

Ein Master in den USA ist aufgrund der Reputation der Unis, insbesondere derer an der Ostküste, immer reizvoll, ohne nennenswerte Stipendien aber finanziell außerhalb des Rahmens, den ich mir gesetzt hatte.
Als sprachliches Äquivalent zu den USA kam daher vor allem Großbritannien ins Spiel und da mir ein Faible für London fehlt, fiel die Wahl schnell auf Schottland und Edinburgh. Ein Freund von mir hatte dort vor Jahren seinen Master gemacht und überzeugte mich mit seinen mitreißenden Plädoyers über Stadt, Land und Leute schnell von der Idee, in den hohen Norden zu ziehen.

Ganz, halb oder gar nicht raus aus der Kanzlei?

Mit meinem Entschluss trennten sich also die Wege zwischen mir und der Kanzlei ab September 2019, zumindest in räumlicher Sicht. Die Frage stand also im Raum, wie wir unsere Zusammenarbeit trotz der räumlichen Distanz würden sinnvoll fortsetzen können, ohne dabei den Master und allem voran den schottischen Lebensstil zu vernachlässigen. Zumindest was die virtuelle Kommunikation anging, fanden wir einen guten Weg in Kontakt zu bleiben und uns auf regelmäßiger Basis über mögliche Aufgaben und Kapazitäten aktuell zu halten. Zu diesem Zeitpunkt war diese Intensität der virtuellen Kommunikation noch Neuland für uns – wenige Monate später wäre das bereits anders gewesen, aber dazu später mehr.

Natürlich war es kein Kinderspiel sowohl den Master, das Leben vor Ort und die Arbeit in der Kanzlei unter einen Hut zu kriegen. Es gab Momente, in denen man mal auf das Pint im Pub verzichten musste, um in einer Abendschicht einen Schriftsatz nachzubessern und sich darüber geärgert hat. Es war jedoch auch kein Ding der Unmöglichkeit. Die Zauberwörter für ein gutes Gelingen waren schlussendlich beidseitige Flexibilität und Kommunikation. Auf diese Weise ließ sich am besten ausloten, wie man eine optimale Auslastung erzielt – und das ist uns aus meiner Sicht hervorragend gelungen. Auch weil es die Kanzlei zuließ, dass ich nicht an festgesetzten Zeiten arbeite, sondern darauf vertraute, dass ich mich dann melde bzw. Arbeit erledige, wenn es mir zeitlich möglich war.

Edinburgh in a nutshell

Es blieb also ausreichend Zeit, um die Stadt zu erkunden und nochmals in das Studentenleben einzutauchen.

Edinburgh bietet sich für diese Zwecke außerordentlich gut an. Mit Semesterstart strömen Tausende Studierende aus aller Welt in die Stadt und beleben den zentral in der Altstadt liegenden Campus. Wer einmal Edinburgh besucht hat, wird um den Charme der teils düster wirkenden Stadt wissen, die als Gegenstück zur mittelalterlichen, über der Stadt thronenden, Burg den Arthur’s Seat beheimatet, der – wenn man den Aufstieg auf sich nimmt – einen atemberaubenden Blick über die Stadt und die sich anschmiegende Firth of Forth-Bucht zulässt.

Die Parklandschaft, in die der erloschene Vulkan eingebettet ist, lässt zudem die beeindruckende Schönheit der schottischen Highlands erahnen, die sich mit meinen Rundreisen um den Loch Lomond und zu den Inneren Hybriden bestätigte. Dass ich die im Juni geplante Tour durch das Land am Ende wegen Corona nicht antreten konnte, schmerzt, weil ich mir die Highlights Schottlands, wie etwa die Isle of Skye, für das große Finale aufgehoben hatte, aber aufgeschoben bedeutet zum Glück nicht auch aufgehoben und ich werde wiederkommen.

Brexit, Corona und ein zu früher Abschluss

Es bleibt nicht aus, auch die Dinge zu erwähnen, die dem Jahr – bei allen positiven Erfahrungen – einen Abbruch getan haben.

Zum einen denke ich dabei an den Brexit, der in meiner Zeit vor Ort Realität geworden ist. Noch zu Beginn des Masters im September 2019 bestand die Hoffnung, dass die Briten eine Kehrtwende machen, ein zweites Referendum abhalten und sich dazu entschließen, doch in der EU zu verbleiben. Die Enttäuschung war bitter. Nicht nur für mich, sondern auch und vor allem für viele Schotten, die sich mehrheitlich für einen Verbleib in der EU ausgesprochen hatten und sich um ihre Zukunft betrogen fühlen. Aufgrund der zwischen der EU und Großbritannien vereinbarten Übergangsphase bis Ende 2020, in der rechtlich der Status Quo vor dem Brexit erhalten bleibt, spürte ich in meiner Zeit tatsächlich keine Veränderungen. Dies wird sich für die kommenden Uni-Jahrgänge voraussichtlich ändern, sei es bezüglich der Höhe der Studiengebühren, beim Datenroaming oder in Visafragen.

Zum anderen erreichte die Corona-Pandemie auch Schottland, was das Jahr schlagartig verändert hat, auch wenn alle Beteiligten die sich ergebenden Herausforderungen, insbesondere den schnellen Umstieg auf einen virtuellen Betrieb, gut und unaufgeregt meisterten. Einschneidender war vielmehr die Tatsache, dass es unmöglich wurde, die neu gewonnenen Freundinnen und Freunde zu treffen, die Stadt und ihr Angebot voll auszuschöpfen und am Ende deutlich früher als geplant nach Deutschland zurückzureisen. Das ist schade und der Abschied aus Schottland hätte gebührlicher ausfallen können und sollen, aber all das sind Luxusgedanken, die in den Hintergrund rücken, wenn man sich die vielen Opfer der Pandemie in Erinnerung ruft.

Was bleibt von dem Jahr

Der letzte Absatz soll nicht vergessen machen, dass ich ein fantastisches Jahr in Edinburgh erleben durfte, mich dort beruflich und persönlich weiterentwickelt und ein neues Land und eine andere Kultur zu schätzen gelernt habe.

Der Kanzlei bin ich sehr dankbar, mir diese Möglichkeit eröffnet, sie gefördert und gemeinsam mit mir umgesetzt zu haben. Das ist nicht selbstverständlich und wird mir in allerbester Erinnerung bleiben. Sláinte!

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About Wagner Arbitration

The law firm WAGNER Arbitration has its offices in Berlin and specializes in dispute resolution with a focus on arbitration. In addition, the firm offers comprehensive counseling services related to domestic and international business disputes and transactions.